„Ich habe einen Adventkalender, der endet nicht beim 24., sondern der geht bis zu Silvester“, meinte eine Frau neben mir im Zug. „Toll dieser Kalender, warum sollte er auch am 24. enden“, ist ihre Gesprächspartnerin überzeugt.

Oje, denke ich mir, die hat ja keine Ahnung vom Sinn eines Adventkalenders. Für mich ist Weihnachten das wichtigste Fest und nicht der Jahreswechsel. Weil ich zu Weihnachten mit allen Christen die Geburt Jesu feiern will. Der Adventkalender will uns dieses Fest schmackhaft machen.

Ich will vor allem anderen Jesus feiern. Denn ich erfahre: wenn ich an Jesus glaube, dann heilt er auch mein Inneres. Er kann mein Herz heilen, wie kein anderer. Weil er mir hilft zu vergeben. Weil er mir Hoffnung auf ewiges Glück bei Gott schenkt. Deshalb ist für mich Jesus wertvoller als alles. Ich denke da auch an Johannes den Täufer, dem Jesus so viel wert war, dass er von ihm sagte: „Ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe zu aufzuschnüren“ (vgl. Joh 1,27).

Lesejahr B, 3. Adventsonntag 2011, Homilie, Br. René Dorer

Bibelstellen: Jes 35:1-6a.10; Jes 146 (145), 6-7.8-9b.9c-10; Jak 5,7-10; Mt 11,2-11

Andere Literatur:

Klara von Assisi, Erster Brief an die heilige Agnes von Prag, (=1 Agn), hier:  1 Agn 14,  Grau Engelbert (Hg.), Leben und Schriften der Heiligen Klara, Dietrich-Coelde-Verlag 1997, 195.

längere Version:

Sie hat bei ihrem Adventkalender das Fensterchen vom 24. schon zu Beginn des Advents geöffnet, weil sie neugierig war. „Da stand beim 24. drinnen: >Weil es schön war, drehen sie den Kalender um, dort geht’s gleich weiter<“, so erzählte eine junge Frau, die neben mir Zug saß. Eine Zuhörerin bestätigt: „Denn Kalender finde ich toll. Es ist doch besser, wenn er gleich bis zum Neujahr geht“.

Oje, denke ich mir. Was läuft hier ab. Weiß die nicht welchen Sinn der Adventkalender hat. Hat die keine Ahnung, dass wir Christen nicht zuerst den Jahreswechsel, sondern vor allem Weihnachten feiern. Weil Weihnachten für uns der Geburtstag Jesu ist.

Wie wertvoll das Weihnachtsfest ist, wird mir klar, wenn ich auf die großen Linien der biblischen Botschaft schaue. Dazu gehören vor allem die Propheten des Volkes Israel. Sie haben immer wieder von einer besseren Zukunft gesprochen. Jesaja sagt, diese Zukunft wird mit einer besonderen Person kommen. Er nennt sie Gottesknecht. Der Prophet hört den Gottesknecht sprechen: Der Herr hat mich gesandt, damit ich alle heile, deren Herz zerbrochen ist. Die Herzen – das Innere des Menschen – gesund machen möchte dieser Gottesgesandte. Verschiedene Propheten haben von diesem kommenden Heiler gesprochen. Deshalb hat das Volk Israel auch zu Zeit Jesus sich gefragt: wann wird der kommen, der die Herzen aller heilen kann. Sie nannten den Erwarteten auch „Messias“.

„Bist du der Messias“, habe einige Juden gefragt, als Johannes der Täufer vor ihnen stand. Johannes war ein asketischer Wüstenprophet, der die Menschen aufrief, ihr Leben vor Gott ins Reine zu bringen. Einige vermuteten, er könne der Gottesknecht, der Messias sein. Doch Johannes stellte klar: „Ich bin nicht der Messias“ (vgl. Joh 1,20). Johannes wies auf einen anderen hin: „Mitten unter euch steht der, den ihr nicht kennt. … Ich bin es nicht wert ihm die Schuhe aufzuschnüren“. Johannes, sagt, da ist noch ein anderer. Er fühlt sich selbst wertlos im Verhältnis zu dieser Person. Anders gesagt: dieser Mensch hat für ihn einen immensen Wert. Später wird der asketische Wüstenprophet klar machen, dass diese wertvolle Person Jesus ist (Joh 1,29).

Jesus ist der, der wertvoller als alle anderen ist. Denn Jesus kann die Herzen heilen, wie kein anderer.

Ich glaube, dass Jesus dich und mich im innersten heilen kann.

Du bist ein Trottel, glaubst den du so ein Hirngespinst. Heilen kann deine inneren Wunden nur ein Psychotherapeut oder ein Mensch, der dich ganz liebt, aber nicht eine Phantasiefigur wie Jesus. Ich glaube, dass Jesus eine lebendige Person ist. Ich glaube und erlebe, dass mit Jesus ein Heilungsprozess beginnen kann. Hier geht es auch um Heilung der inneren Einstellung. Ein gesunder Mensch im biblischen Sinn hat eine gesunde innere Ausrichtung. Das heißt vor allem, dass der Menschen bereit und fähig ist gute Beziehungen zu gestalten. Ein heiles Herz haben, heißt vor allem, dass der Mensch in guter Beziehung mit Gott und den Geschöpfen leben will und kann.

Ich glaube, dass Jesus auf Dauer das Innere und das Äußere des Menschen heilen kann und will. Von diesem Glauben spricht der Heilige Paulus in seinem Brief an die Christen von Thessaloniki: Für euch, die ihr zu Christus gehört, gilt: Der Gott des Friedens heilige auch ganz und gar und bewahre eure Seele und euren Leib unversehrt, damit ihr ohne Tadel seid, wenn Jesus Christus, unser Herr, kommt (vgl. 1 Thess 5,23). Für die, die zu Christus gehören gilt, Gott selber will sie heiligen, heilen: die Seele und den Leib.

Auch Klara von Assisi hat vertraut, dass Jesus den Menschen heilen kann. Sie hat viele Heilungswunder im Namen Jesu gewirkt. Von ihr wird berichtet: „Während sie die Kranken mit dem Zeichen des lebensspendenden Kreuzes bezeichnet, weicht die Krankheit wunderbarerweise von ihnen“ (LebKl 32).

Jesus ist so viel wert, weil er uns das geben kann was keiner wie er gibt: Heilung der verwundeten Herzen. Wer diesen Glauben findet, der wird sich freuen können. Wer sich im Advent auf Weihnachten, auf das Fest der Geburt Jesu innerlich vorbereitet, der wird besonders auch zum Weihnachtsfest Jesus neu in seinem Leben Raum geben können und so heilsame Erfahrungen machen können.

Ich bin so froh, dass ich weiß was der Sinn des Adventkalenders ist. Er will uns die Feier des Weihnachtsfestes schmackhaft mache. Wenn ich Weihnachten in der rechten inneren Haltung feiere, werde ich Jesus erleben können, der Heilung in mein Leben bringt. Deshalb ist Jesus für mich so wertvoll, wie kein anderer. So wie Johannes von Jesus sagt: „Ich bin es nicht wert, ihm die Schuhe zu aufzuschnüren“ (vgl. Joh 1,27).