Fast 10.000 Sklavinnen und Sklaven werden jährlich in Europa gehandelt. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren gestiegen. 70% von ihnen werden zur Prostitution gezwungen. Das sagt eine aktuelle EU Studie über Menschenhandel . Angeblich soll das nur die Spitze des Eisberges sein. Ich finde es beschämend, dass in meiner nächsten Nähe Menschen so ausgebeutet werden, und dass unsere Gesellschaft so etwas fördert. Video, Audio, Audio (mehr zum Thema)
Ich frage mich: Was kann ich dagegen tun? Ich kann beten für alle, die in diesem Sklavenhandel tätig sind und für alle Konsumenten, dass sie das Unrecht einsehen, dass sie tun und dass sie Gescheiteres machen. Ich kann für die Politiker beten, dass sie strengere Maßnahmen einführen, damit dieses Trauerspiel beendet wird. Ich kann öffentlich meine Meinung zu diesem Skandal sagen. Mein Glaube bewegt mich alle Menschen würdig zu behandeln. Dazu fällt mir der Pionier meiner Ordensgemeinschaft, der Heiligen Franziskus, ein. Er lebte aus der Erfahrung eines Gottes, der zu allen Menschen gut ist. Deshalb ermahnt er einmal seine Brüder: „Und mag zu den Brüdern kommen, wer da will, Freund oder Feind, Dieb oder Räuber, so soll er gütig aufgenommen werden“ (NbR 7,14).
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5. Sonntag der Osterzeit 2013, Homilie, Br. René Dorer
Bibelstellen: Lesungen: Apg 14, 21b-27; Ps 145 (144),1-14 ; Offb 21, 1-5a; Joh 13, 31-33a.34-35 (Einheitsübersetzung der Hl. Schrift, Katholisches Bibelwerk, Stuttgart)
weitere Literatur:
vgl. news.orf.at/stories/2176826/2176827/
Nicht-bullierte Regel des Hl. Franziskus von Assisi (= NbR), hier: NbR 7,14, in: Dieter Berg, Leonhard Lehmann (Hg.), Franziskusquellen, Die Schriften des heiligen Franziskus, Lebensbeschreibungen, Chroniken und Zeugnisse über ihn und seine Orden, Kevelaer 2009,76.
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Fast 10.000 Sklavinnen und Sklaven werden jährlich in Europa gehandelt. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren gestiegen. 70% von ihnen werden zur Prostitution gezwungen. Andere werden als Arbeitskräfte ausgenützt oder für Organspenden missbraucht. Das sagt eine aktuelle EU Studie über Menschenhandel (vgl. news.orf.at/stories/2176826/2176827/). Angeblich soll das nur die Spitze des Eisberges sein. Ich finde es beschämend, dass in meiner nächsten Nähe solche Verbrechen unterstützt werden.
Ich frage mich: Was kann ich dagegen tun? Ich kann beten für alle, die in diesem Sklavenhandel tätig sind und für alle Konsumenten, dass sie das Unrecht einsehen, dass sie tun und dass sie Gescheiteres machen. Ich kann für die Politiker beten, dass sie strengere Maßnahmen einführen, damit dieses Trauerspiel beendet wird. Ich kann öffentlich meine Meinung zu diesem Skandal sagen.
Ich denke dabei, wie es zum Ende des Sklavenhandels in der Neuzeit kam. Das Christentum hat den Handel mit Sklaven lange akzeptiert. Es galt als gesellschaftliche Gegebenheit, die man stillschweigend hingenommen hat. Schon der Heilige Paulus glich sich da der Zeit an. Er akzeptierte, dass es Sklaven gab, forderte aber einen humanen Umgang mit ihnen. Schon in den ersten Jahrhunderten des Christentums entwickelte sich durch den christlichen Einfluss ein milderer Umgang mit Sklaven. Doch bis ins Mittelalter haben auch Päpste Angesichts des Skavenhandels immer wieder ein Auge zugedrückt. Erst ab dem 16. Jahrhundert haben sich christliche Missionare und Päpste immer mehr für die Abschaffung der Sklaverei eingesetzt (vgl. LThK „Sklaverei“). Erst Anfang April dieses Jahres hat Papst Franziskus bei einem Treffen mit UNO-Generalsekretär Ban Ki Moon seine Sorge über den Menschenhandel ausgedrückt[1]. Ich hoffe, dass gerade wir Christen diese modernen bösen Praktiken, wie den Menschenhandel, bekämpfen.
Wegen meinem christlichen Glauben habe ich ein starkes Motiv, jeden Menschen liebevoll zu begegnen. Denn ich glaube an den Gott, den das Volk Israel erkannt hat. Die gläubigen Juden haben ihren Gott in einem Glaubenslied so besungen: „Der Herr ist gütig zu allen. Er ist voll Huld in all seinen Taten. Der Herr richtet alle Gebeugten auf“ (vgl. Ps 145 (144),9.13.14). Sie waren überzeugt von einem Gott, der allen liebevoll zugewandt ist und der nicht Menschen unterdrückt, versklavt sondern im Gegenteil, die Unterdrückten befreit, sie aufrichtet. Das ist auch mein Glaube.
Mir fällt dazu der Jude Jesus ein. Er kannte diese Psalm-Verse. Er hat es selbst erfahren, dass Gott, den er Vater nannte, gütig zu allen ist. Jesus hat in ständigem Kontakt mit diesem Gott gelebt. Dass war sicher der Grund, warum er selbst mit so positiver Beziehungsenergie gefüllt war. Deshalb war er besonders seinen Jüngern freundschaftlich zugewandt. Mit seiner Haltung mach er sich zum Modell für seine Jünger und Jüngerinnen. Deshalb sagt er den Jüngern vor seiner Tötung: „Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben“ ( Joh 13,34). Seine Zuwendung zu seinen Jüngern, macht Jesus zum Maßstab.
Die liebevolle Haltung, die Jesus lebt, möchte ich selbst erfahren. Denn ich glaube, dass die positive Einstellung Jesu Gottes Kraft, Gottes Liebe selbst ist. Wenn ich diesen Gott erlebe, kann ich nicht anders als alle Menschen und Geschöpfe gut zu behandeln.
Diese Liebe füreinander, die Jesus seinen Jüngern aufträgt, ist für mich ein Aufruf zur Zuwendung nicht nur zu den Jüngerinnen und Jüngern Jesu, also zu allen Gläubigen. Sie ist für mich ein Auftrag, mich allen Menschen liebevoll zu wenden.
Mir kommt dazu noch der Heilige Franziskus von Assisi in den Sinn. Er hat den Gott Israels gefunden, der gütig zu allen ist. Der mittelalterliche Friedensstifter hat entdeckt, dass er die Liebe des höchsten Gottes gerade im Glauben an Jesus, den Gekreuzigten und Auferstandenen, findet. Und er war gerade wegen seiner Verbundenheit mit Jesus voll von Liebe für alle Menschen. Deshalb schrieb er einmal in einer Lebensanweisung an seine Brudergemeinschaft: „Und mag zu den Brüdern kommen, wer da will, Freund oder Feind, Dieb oder Räuber, so soll er gütig aufgenommen werden“ NbR 7,14.
Ich bete für die Politiker und die Verantwortlichen in der Gesellschaft, dass sie etwas von der Güte erfahren, die Gott gegenüber allen hat. Ich selbst möchte aus der Kraft dieser Beziehungsenergie leben, die ich im Glauben an Jesus finde. Er drückt für mich diese Kraft der Menschenfreundlichkeit aus in seinem Auftrag: „Ein neues Gebot gebe ich euch: Liebt einander! Wie ich euch geliebt habe, so sollt auch ihr einander lieben“ ( Joh 13,34).