„Mir tut manchmal richtig der Bauch weh, wenn ich Schuldgefühle habe“, sagt mir ein Student in diesen Tagen. Er war ein wenig besorgt, ob seine Gewissensbisse etwa krankhaft sein könnten. Ich denke, es kann schon übertriebenes, falsches Schuldempfinden geben.
Grundsätzlich gilt für mich, wenn ich lieblos oder unehrlich war, und dann ein schlechtes Gewissen habe, ist das eine gesunde Reaktion. Ich möchte Schuldgefühle nicht prinzipiell verdrängen oder schön reden.
Ich möchte meine Schuldgefühle anschauen. Wenn sie mich auf eigene Fehler hinweisen, dann will ich versuchen diese wieder gut zu machen. Dann fühle ich mich besser. Besonders befreiend ist es für mich, wenn ich erahnen darf, dass Gott mir meine Sünden vergibt. Deshalb bete ich immer wieder: Gott, Jesus, vergib mir.
Ich denke da an den Heiligen Franziskus von Assisi. Von ihm wird berichtet: Als er einmal ein sehr schlechtes Gewissen wegen seinen vergangen Untaten hatte, betete er „immer wieder: >Gott sei mir Sünder gnädig!<. Und mehr und mehr spürte er eine unaussprechliche Freude in sich. (vgl. 1C 26,2-7). Ich glaube wir alle können ähnliches erleben, wenn wir versuchen unsere Sünden wieder gut zu machen und wie Franziskus immer wieder beten: „Gott sei mir Sünder gnädig“
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C 11. Sonntag im Jahreskreis, Homilie, Br. René Dorer
Bibelstellen: Lesungen: Lesung: 2 Sam 12,7-10.13; Ps 32 (31), 1-11; Gal 2,16.19-21; Lk 7,36 – 8.3 (Einheitsübersetzung der Hl. Schrift, Katholisches Bibelwerk, Stuttgart)
weitere Literatur:
Thomas von Celano, 1. Lebensbeschreibung des Hl. Franziskus (=1 C), hier: 1 C 26,2-7, in: Dieter Berg, Leonhard Lehmann (Hg.), Franziskusquellen, Die Schriften des heiligen Franziskus, Lebensbeschreibungen, Chroniken und Zeugnisse über ihn und seine Orden, Kevelaer 2009, 215.
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„Mir tut manchmal richtig der Bauch weh, wenn ich Schuldgefühle habe“, sagt mir ein Student in diesen Tagen. Er war ein wenig besorgt, ob seine Gewissensbisse etwa krankhaft sein könnten. Ich denke, es kann schon übertriebenes, falsches Schuldempfinden geben. Grundsätzlich ist es für mich eine gesunde Reaktion, wenn ich ein schlechtes Gewissen habe, nachdem ich was Liebloses getan habe. Ich finde es nicht gut, so ein schlechtes Gefühl prinzipiel zu verdrängen oder es schön zu reden.
Ich denke, wenn ich Dinge tue, oder sage, die nicht gut sind, dann ist es doch gesund, wenn ich mir das nicht egal ist, wenn ich spüre, dass hätte ich besser anders machen müssen, da bin ich mir und anderen noch mehr Offenheit, und Ehrlichkeit schuldig. Wenn ich ein hohes Ideal von meinem Leben habe, ist das doch gut. Und wenn ich merke, es tut mir weh, dass ich diesem hohen Ideal nicht entsprechen kann, finde ich das sinnvoll.
Hilfreich für die Aufarbeitung von Schuldgefühlen ist für mich unter anderem, dass ich versuche, Fehler wieder gut zu machen. Besonders befreiend ist es für mich, wenn ich erahnen darf, dass Gott mir meine Sünden vergibt. Deshalb bete ich immer wieder um Vergebung meiner Sünden.
Das erinnert mich auch an die Glaubenserfahrung, die der Psalm 32 besingt: „Wohl dem Menschen, dem der Herr die Schuld nicht zur Last legt“. (vgl. Ps 32,2). Das drückt für mich den Glauben an einen Gott aus, der den Menschen nicht mit Schuld belasten möchte, der den Menschen nicht beim Bauchweh, wegen seiner Schuldgefühle, stehen lassen will.
Der Psalm sagt mir auch, wie ich diese Erleichterung erhalten kann mit den Worten: „Ich bekannte dir, Herr, meine Sünde … und du hast mir die Schuld vergeben“ (vgl. Ps 32,5). In diesem Lied ist eine uralte Glaubenserfahrung enthalten: Wenn ich Gott meine Schuld bekenne, dann kann ich Vergebung und Befreiung von der Last eines schlechten Gewissen erhalten.
Je mehr ich das glauben kann, kann ich auch selbst meine Schuld hinter mir lassen, und mir vergeben, und gerade so erleichtert vom Bauchweh in die Zukunft gehen. Das dieser Glaube den Menschen wirklich sein Leben erleichtert wird für mich im benannten Psalm deutlich. Dort singt der Menschen, der erlebt hat, dass Gott ihm die Sünden vergibt: „Du hüllst mich in Jubel“ (vgl. Ps 32,7). Jubel ist für mich ein äußerer Ausdruck für einen Menschen, der sich frei, erleichtert fühlt.
Dass Gott allein Sünden vergeben kann, davon waren Juden auch zur Zeit Jesu überzeugt. Deshalb wundern sich einige Juden sehr, als der Mensch Jesus sagt: „Deine Sünden sind dir vergeben“ (vgl. Lk 7,48). Er sagt es zu einer sogenannten „Sünderin“, die sich ihm vertrauensvoll zuwendet. Sie zeigt ihr Vertrauen in Jesus meines Erachtens indem sie Tränen auf die Füße Jesu weint und diese mit ihren Haaren abtrocknet. Schließt küsst sie seine Füße und schmiert sie mit einem teurem Öl ein. Vielleicht hat auch sie Bauchweh gehabt wegen ihres schlechten Gewissens und sicher hat sie gehofft, dass der Mann Gottes ihr da Heilung verschaffen könnte. Mir kommt vor, Jesus gibt ihr das Wichtigste, um von der Last des schlechten Gewissens loszukommen. Er sagt ihr die Vergebung der ünden zu. Damit gab er ihr das, was eigentlich nur Gott geben kann, die Befreiung von der inneren Last der Gewissensbisse, die Gelöstheit von Jubel. Wie im Psalm gesungen wird: „Du, Herr, hast mir die Schuld vergeben … du hüllst mich in Jubel“ (vgl. Ps 32,5).
In diesem Tun Jesu steckt aus meiner Sicht genau das, was Paulus von Jesus glaubt, wie er es in seinem Brief an die Galater ausdrückt: „Durch den Glauben an Jesus Christus wird der Mensch gerecht“. Das heißt für mich auch: Der Glaube an Jesus hilft mir, dass ich recht, gerecht ja aufrecht stehen kann. Weil mir eine Last von meinen Schultern genommen ist, die Last meiner Schuldgefühle, vielleicht auch der Bauchweh, der mich in mich verkrümmen lässt. Auch ich glaube, dass Jesus, als der fleischgewordene Gott, mir die Sünden vergibt und mich so recht macht, aufrecht macht vor Gott, mich in Jubel hüllt.
Ich denke, dass war auch ein Grund, warum der Heilige Paulus sein Leben ganz auf Jesus ausrichten wollte, wie er es in seinem Brief ausdrückt: „Soweit ich aber jetzt noch in dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der mich geliebt hat, der in mir lebt“ (vgl. Gal 2,20).
Auch ich möchte immer mehr als Glaubender auf Jesus blicken, auf Jesus vertrauen und ihn immer wieder um die Vergebung der Sünden bitten.
Dabei denke ich auch an den Heiligen Franziskus. Auch er hat die Erfahrung gemacht, wie schön es ist, im Glauben an einen Gott zu leben, der von der Sündenlast befreit. Franziskus glaubte, dass er diesen Gott in Jesus findet. Der Franziskusbiograph Thomas von Celano berichtet: „Franziskus suchte einen Gebetsort auf, wie er sehr oft zu tun pflegte. Als er dort lange Zeit, mit Furcht und Zittern vor dem Beherrscher des ganzen Erdkreises stehend, verharrte und in Bitterkeit der Seele die schlecht verbrachten Jahre überdachte, 4 wiederholte er immer wieder das Wort: Gott sei mir Sünder gnädig! Da begann unsagbare Freude und höchste Wonne sich nach und nach in das Innerste seines Herzens zu ergießen. Auch wurde er allmählich ganz verändert; der Gemütssturm legte sich, die Finsternis wich, die infolge von Sündenangst sich über sein Herz gebreitet hatte; es wurde ihm die Gewissheit zuteil, alle seine Sünden seien ihm vergeben … Dann geriet er in Verzückung und wurde ganz in Lichtflut eingetaucht (vgl. 1C 26,2-7).
Franziskus von Assisi hat seine Schuldgefühle nicht wegargumentiert, er hat sie nicht verdrängt, er hat sich an Gott gewandt und um Vergebung gebetet. Das war sein innere Befreiung.
Ich möchte mich auch immer vertrauensvoll an Jesus wenden, damit auch ich immer wieder jubeln kann, wenn ich spüre, dass er auch zu mir sagt, wie er damals zur Sünderin gesagt hat: „Deine Sünden sind dir vergeben“.